Festabend zum 100. Geburtstag von Otfried Preußler in der neuen Grundschulaula in Stephanskirchen

Jemand, der so wunderbare Kinderbücher schreiben konnte, musste doch wie ein Prinz ausschauen. Ein junger und gutaussehender Prinz. Das jedenfalls dachte Christine Annies, langjährige Sekretärin von Otfried Preußler, als Kind. Die Enttäuschung war dementsprechend groß, als sie ihn in der dritten Klasse zum ersten Mal aus dem Fenster ihrer Schule sah: einen eher rundlichen nicht mehr ganz so jugendlichen Herrn mit wenig Haaren und großer Brille. Niemals hätte sie sich vorstellen können, dass sie einmal viele Jahre ihres Lebens in seinem Büro verbringen, Manuskripte ins Reine schreiben und die Korrespondenz mit Kindern aus aller Welt für Otfried Preußler führen würde. – Mit den Kindern, die für den Schriftsteller Zeit seines Lebens so wichtig waren, waren sie doch das kritischste und unbestechlichste Publikum für ihn. Dies alles erzählten Christine Annies sowie weitere Weggefährten und Zeitzeugen des weltberühmten Kinder- und Jugendbuchautors am Abend seines 100. Geburtstags in der gerade fertiggestellten neuen Aula der Otfried Preußler-Grundschule in Stephanskirchen, umrahmt in stimmiger Weise von den „Irish Leaves“ der Rosenheimer Musikschule.

 

Zum Festabend, durch den der bekannte Journalist und Moderator Florian Schrei führte, kam auch Rainer Hoffmann. Dessen Familie war damals schon in Reichenberg mit den Preußlers befreundet; wie diese waren die Hoffmanns nach dem Krieg als Vertriebene in Stephanskirchen gelandet, und auch in der neuen Umgebung erlebten sie vieles gemeinsam. Viel zu erzählen hatten auch ehemalige Schüler wie Ellen Teufel und Lehrerkollegen wie Peter Hessen, der als Rektor die Namensgebung der Stephanskirchner Otfried Preußler-Schule initiiert und auch durchgesetzt hat, obwohl dies damals mit noch lebenden Namenspatronen nicht Usus war. Oder Heinrich Scheuerer, der gemeinsam mit Lehrer-Kolleginnen und -kollegen die Geschichte der Kleinen Hexe weitergeschrieben und dieses Werk Preußler zu dessen 75. Geburtstag geschenkt hatte. Auch der ehemalige 1. Bürgermeister von Stephanskirchen Rudolf Zehentner, der mit der ältesten Preußler-Tochter Renate zur Schule gegangen war und dessen Vater, Altbürgermeister Josef Zehentner, dem damaligen Lehrer Otfried Preußler das Grundstück am Rübezahlweg schmackhaft gemacht hatte, teilte seine Erinnerungen mit dem zahlreich erschienenen, interessierten Publikum. Eine Anekdote kam auch von Hannelore Werner, die Otfried Preußler regelmäßig in der Haidholzener Postfiliale traf, in der sie damals arbeitete. Preußler brachte seine Briefe an seine zahlreichen kleinen Fans selber zu Post und signierte dort seine Bücher für Hannelores Sohn. Auch Helga Bauer, die mit den Preußlers befreundet war, bekam als ehemalige Schülerin und spätere Japanologie-Studentin seinen signierten Hotzenplotz auf Japanisch von Preußler persönlich überreicht. Auch aus dem Publikum meldeten sich Zeitzeugen mit kleinen Geschichten, die sie mit dem Schriftsteller erlebt hatten.

 

Das Bild, das an diesem Abend von den Zeitzeugen gezeichnet wurde, zeigt einen weltoffenen, nahbaren, meistens sehr umgänglichen Mann, dem der Ruhm niemals zu Kopf gestiegen war. Der sich um seine Mitmenschen gekümmert hat, vor allem um die Kinder, wie 1. Bürgermeister Karl Mair in seiner Rede mit dem Preußler-Zitat: „Seien Sie gut zu den Kindern, wir haben nichts Besseres“ betonte. Ein Mann, der in Erinnerung bleibt und dessen Leben und Lebenswerk an seinem 100. Geburtstag gewürdigt und gefeiert wurde. Ein lebendiger und würdevoller Abschluss des bunten und erlebnisreichen Otfried-Preußler-Jahres der Gemeinde Stephanskirchen!

 

festabend

 

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